Lieber gar nicht mehr als halb gar

21.01.2015 CJD Siegen-Wittgenstein « zur Übersicht

Betroffen sind zahlreiche Schulen und Kindergärten. Einige beteiligen sich nun an einer Unterschriftensammlung  

Heute gibt es Lasagne mit Rindfleisch, dazu Gemüse, zum Nachtisch Joghurt – Essen, das den meisten Kindern ziemlich zusagen dürfte. Tatsächlich sind auch ihre Eltern sehr zufrieden mit dem, was der Cateringservice des CJD Wittgenstein seit 2007 an der Grundschule Erndtebrück mittags auf den Tisch bringt. Damit ist es aber wohl im Sommer vorbei, weshalb derzeit gesammelt wird: Schulleiter Thorsten Denker ruft gemeinsam mit Stefan Geiselhart, dem Teamleiter der Offenen Ganztagsgrundschule (OGS) die Eltern dazu auf, mittels Unterschrift vielleicht doch noch abzuwenden, dass der Service seinen Betrieb einstellt – „aus wirtschaftlichen Gründen“, wie es zur Begründung seitens des CJD heißt. „Wir möchten uns gemeinsam mit anderen Einrichtungen durch eine Unterschriftenaktion für die Erhaltung der wirklich sehr guten Dienstleistung des CJD einsetzen“, schreibt wiederum die Schule an die Eltern. „Wir sind sehr zufrieden mit dem Anbieter, der das Essen täglich zubereitet und dann direkt an uns liefert. Die verarbeiteten Lebensmittel sind frisch und werden teilweise von regionalen Anbietern bezogen. Auch ist das CJD in ein Qualitätsmanagement mit hohen Hygienestandards eingebunden.“ Betroffen ist nicht nur die Erndtebrücker Grundschule, die mit derzeit 35 Essen am Tag der zweitgrößte Abnehmer ist (nur übertroffen von der OGS Bad Berleburg mit 52 Essen). Auch die übrigen zehn externen Kunden, zumeist Grundschulen und Kindergärten, müssen sich aller Voraussicht nach bald nach einem anderen Essenslieferanten umsehen. Die Eltern wissen zu schätzen, dass sie auf dem kurzen Dienstweg mit der Küche Kontakt aufnehmen können. Essenswünsche der Kinder würden nach Möglichkeit im Speiseplan berücksichtigt. „Die Mahlzeiten sind nicht überteuert und die gelieferten Portionen sind ausreichend.“ Nein, überteuert ist das Essen tatsächlich nicht: Eltern im Berleburger Raum zahlen pro Essen 2,90 Euro, in Erndtebrück sogar noch 0,20 Euro weniger, wegen der kürzeren Anfahrt. Zwei Fahrer liefern auf jeder der beiden Touren täglich zwischen 180 und 200 Essen aus –noch. Was es mit den „wirtschaftlichen Gründen“ auf sich hat, das erläuterte gestern Einrichtungsleiter Reinhardt Seber auf Anfrage der SZ. Kurz gesagt: Die CJD-Standorte deutschlandweit werden umstrukturiert, und das schlägt Wellen bis nach Wittgenstein. „Wir müssen uns dem Markt anpassen“, sagt Seber – was eben nun auch die Schulen und Kindergärten im Altkreis zu spüren bekommen. In seinem Büro keucht leise der Samowar, Seber selber ist anzumerken, dass die Entscheidung, den Cateringservice zum Sommer einzustellen, keine leichte war. Schließlich habe das CJD „immer in der Region gewirkt“, da war das Catering nur ein Teil. Aber ein offensichtlich hochgelobter, und genau das ist für Seber der Punkt: „Ich möchte, dass das in der gleichen Qualität weitergeführt wird, und das kann ich aus heutiger Sicht nicht leisten.“ Das betrifft sowohl die Qualität des Essens selbst als auch die Lieferzuverlässigkeit und die Flexibilität, mit der die Küche auf Kundenwünsche reagieren konnte: „Daran werden wir gemessen.“ Nach dem Motto „Ganz oder gar nicht“ entschloss man sich also lieber dazu, den Kunden die Einstellung des Cateringservices mitzuteilen, als unter Umständen nur mit halber Kraft weiter machen zu müssen. Wie die Umstrukturierung sich auf das Küchenpersonal und die Ausbildung zu Koch, Beikoch und Haushaltshilfe auswirkt, das ist derzeit zwar noch mit einem Fragezeichen versehen. Dass die Küche geschlossen wird, stimmt jedoch nicht, schließlich werden von hier aus auch diverse CJD-eigene Einrichtungen versorgt. Gibt es einen Silberstreif am Horizont? Man werde, so Seber, im Verlauf der nächsten beiden Monate prüfen, ob es „weitere Möglichkeiten“ gebe. Dass Schulen und Kindergärten vor einigen Wochen jenes Schreiben erhielten, in dem das CJD das Ende seiner Koch-Dienste kundtut, hängt mit den Kündigungsfristen zusammen. Zumindest an der Grundschule Erndtebrück aber gibt es zum jetzigen Zeitpunkt noch keinen Plan B. „Wir haben uns noch gar nicht umgeschaut“, sagt OGS-Teamleiter Stefan Geiselhart zur SZ. Zwar erwartet er von der Unterschriftenaktion keine Wunder, will sich hinterher aber auch nicht vorwerfen, es nicht wenigstens probiert zu haben. „Was die CJD-Geschäftsführung damit macht, das ist dann deren Sache.“ Er sei sich ziemlich sicher, so Geiselhart, dass die übrigen Eltern grünes Licht gegeben hätten, mehr Geld pro Essen zu zahlen, allerdings sei eben für eine entsprechende Umfrage keine Zeit mehr gewesen. Stichtag für das Ende der Umfrage ist der 13. Februar.

Quelle: Siegener Zeitung 15.01.2015  

Schwerpunkte in der Ausrichtung des CJD Siegen-Wittgenstein sind die Kinder- und Jugendhilfe sowie Maßnahmen im Auftrag der Agentur für Arbeit und des örtlichen Jobcenters.