„Integration auf erstem Arbeitsmarkt ist Ziel“

10.01.2016 CJD Siegen-Wittgenstein « zur Übersicht

Birkelbach. Das Jahresende bietet immer die Möglichkeit, Bilanz zu ziehen. Im Christlichen Jugenddorf Birkelbach gibt es allerdings gleich mehrere Gründe für eine Rückschau. Das CJD feiert 2015 das 25-Jährige, ist in der Flüchtlingshilfe stark gefordert und bietet mit dem 2015 erstmals organisierten Gebetsfrühstück künftig einmal im Jahr für alle CJD-Partner eine Plattform zum Gedankenaustausch. Die Heimatzeitung sprach mit CJD-Standortkoordinatorin Anke Bremmer über das ereignisreiche Jahr.

Frau Bremmer, zu Ihnen nach Birkelbach kommen Kinder und Jugendliche auch aus schwierigen Familienverhältnissen. Nicht selten auch aus größeren Städten. Hilft die Lage des Jugenddorfes im eher beschaulichen Wittgenstein dabei, diesen jungen Menschen eine zweite Chance zu gewähren?
Unsere Lage in Wittgenstein stellt uns immer wieder vor große Herausforderungen. Aufgrund der sehr homogenen und multiplen Problemlagen unserer zu betreuenden Menschen stellt das Jugenddorf in Birkelbach einen Ort dar, an welchem man zur Ruhe kommen und in eher familiärer Atmosphäre sehr individuell betreut werden kann. Den jungen Menschen kommt diese Lage samt unserem parkähnlichen Gelände mit vielen Freizeitmöglichkeiten positiv zu gute. Wir verfügen über einen eigenen Reitplatz, Spielplatz, Sportmöglichkeiten, Musikraum und Kreativraum, um nur einige Möglichkeiten zu nennen, die wir für die Hilfen der jungen Menschen nutzen. Die Verkehrsanbindung in Wittgenstein sowie die Möglichkeiten des ÖPNV stellen uns und auch die jungen Menschen dennoch schnell vor Probleme und Einschränkungen.

„Wir wären froh über mehr Bewerbungen aus der heimischen Region.“
Anke Bremmer, Standortkoordinatorin zur Bewerber-Situation

Ihre Maxime ist „Keiner darf verloren gehen“, können Sie wirklich in allen Fällen helfen?
„Keiner darf verloren gehen“ ist seit der Gründung des CJD vor über 60 Jahren die oberste Maxime. Wir können nicht in allen Fällen helfen. Viele unserer zu betreuenden Menschen nutzen unsere Angebote und Möglichkeiten für sich, dennoch kommt es immer wieder mal dazu, dass unsere Angebote auf Dauer nicht passen und ein Wechsel in eine andere Form der Hilfe notwendig machen. Aber die überwiegende Anzahl unserer zu betreuenden Menschen nutzen unsere Angebote und können dadurch individuell gefördert und begleitet werden. Immer wieder kommen ehemalige Teilnehmende oder Bewohnern auf einen Besuch zu uns nach Birkelbach, um uns zu erzählen, wie es ihnen ergangen ist, was sich entwickelt hat, wo sie nun arbeiten, Familien gegründet haben usw. Dieses ist für uns immer ein Beweis, dass unsere Maxime nicht nur ein Slogan ist, sondern diese tatsächlich gelebt wird. In vielen Betrieben der Region arbeiten ehemalige Teilnehmende unserer Maßnahmen der Berufsvorbereitung oder Berufsausbildung. Es ist immer eine große Freude für uns zu sehen, was aus ihnen geworden ist und daran denken, mit welchen Problemlagen wir teilweise die Teilnehmenden bei uns aufgenommen haben. Diese Arbeit ist für die Mitarbeitenden sehr erfüllend und man ist stolz auf die Teilnehmenden und BewohnerInnen.

Das CJD bietet nicht nur schulische Unterstützung, sondern gewährt auch Hilfe bei der Berufsausbildung. Wie sieht diese Hilfe aus?
Hilfen in der Berufsausbildung sind sehr umfassend. Neben den regulären Ausbildungsinhalten in der Ausbildungspraxis bieten wir unseren Auszubildenden Stütz- und Förderunterrichte, praktische Lerneinheiten in den Ausbildungswerkstätten, Legasthenie- und Dyskalieförderung sowie eine individuelle und passgenaue Förderplanung. Regelmäßig werden Praktika in heimischen Betrieben absolviert und von uns begleitet. Eine anschließende Integration auf dem ersten Arbeitsmarkt ist unser oberstes Ziel und die Auszubildenden werden von uns dahingehend intensiv unterstützt und begleitet. Unter anderem durch Potentialanalysen, Bewerbungscoaching oder gezielte Praktika in Betrieben, um sich dort zu bewähren um eine Anstellung zu erzielen. Weiterhin erfolgt eine umfangreiche Prüfungsvorbereitung, hierzu gehören unter anderem interne Klassenarbeiten, Zielvereinbarungsgespräche, praktische Prüfungseinheiten, Qualifizierungspläne und vieles mehr.

Sie helfen nicht nur jungen Menschen mit Problemen, ihren Lebensweg zu meistern, sondern sind als CJD selbst Ausbildungsstätte für Berufe im Sozialwesen. Welche Berufssparten bilden sie aus, welche Zielgruppen können bei Ihnen praktische Erfahrungen machen?
Das CJD Siegen-Wittgenstein bietet Ausbildungsplätze für Jugend- und Heimerzieher an. Die Ausbildung dauert drei Jahre und findet neben den praktischen Einheiten in den einzelnen Arbeitsbereichen im CJD Siegen-Wittgenstein auch in Form von Blockunterrichten an der CJD Arnold-Dannemann-Akademie in Eppingen statt. Die Ausbildung wird durch das CJD mit einer regulären Ausbildungsvergütung entlohnt, was einen deutlichen Vorteil zu einer regulären staatlichen Schulausbildung darstellt. Was uns besonders erfreut ist das aktuell drei Kolleginnen und Kollegen aus dem Altkreis Wittgenstein eine Ausbildung in unserem Hause absolvieren bzw. in der Anerkennung zur Ausbildung stehen. Allgemein können BewerberInnen aus dem gesamten Bundesgebiet eine Ausbildung bei uns absolvieren. Aber wir wären froh, wenn noch mehr Bewerbungen aus der heimischen Region und besonders aus dem Altkreis Wittgenstein eingehen.

„Leider sind immer noch einige Stellen offen und somit einige Schulen ohne Sozialarbeiter.“
Erneut Anke Bremmer zu der zurzeit schwierigen Situation, die Nachfrage nach Schulsozialarbeitern ausreichend zu befriedigen.

Inzwischen ist beim CJD auch die Schulsozialarbeit in den Wittgensteiner Kommunen angedockt. Wie können sie die Kommunen unterstützen?
Als Kooperationspartner für die Schulsozialarbeit unterstützen wir die Kommunen dahingehend, dass wir die Mitarbeiter stellen und wir uns um die Betreuung und Fortbildung der Mitarbeiter kümmern. Dies sieht so aus, dass alle Schulsozialarbeiter sich regelmäßig zum Austausch treffen und dass es alle sechs Wochen eine Supervisionssitzung gibt. Leider sind immer noch einige Stellen offen und somit einige Schulen ohne Sozialarbeiter.

In der vergangenen Woche haben Sie das erste Gebetsfrühstück ausgerichtet. Welche Beweggründe haben Sie, so eine Veranstaltung einmal im Jahr in den Kalender aufzunehmen?
Das Gebetsfrühstück wird in unserem CJD-Verbund NRW Süd/Rheinland bereits an mehreren Standorten seit vielen Jahren angeboten. Wir möchten unsere Kunden, Spender, Kooperationspartner, Politik, Wirtschaft, Nachbarn, ehemalige Mitarbeitende usw. zusammenbringen, um Netzwerke zu gestalten und diese Netzwerke für die Gestaltung der Angebote des CJD im Sozialraum zu nutzen. Der Altkreis Wittgenstein braucht Unternehmen und Netzwerke um die Region voran zu bringen, das CJD möchte dazu als verlässlicher Partner beitragen und einbringen. Das erste Gebetsfrühstück war ein voller Erfolg und zeigt, dass wir als CJD in der Region anerkannt sind. Daher werden wir nun jährlich ein Gebetsfrühstück ausrichten. Erste Voranmeldungen konnten wir bereits verzeichnen, damit haben wir nicht gerechnet. Dies zeigt, dass wir hier eine tolle Möglichkeit zum Austausch angeboten haben. Wir wünschen uns, dass dieses Gebetsfrühstück zu einer festen Institution in der Region wird und sich unsere Gäste intensiv über wichtige Themen für die Region austauschen können und vorhandene oder neue Netzwerke genutzt bzw. gebildet werden. Hierzu werden wir große Bestrebungen für die Gewinnung von Ehrengästen betreiben, die Fa. Berge Bau hat bereits einen sehr wichtigen Beitrag  als langjähriger Kooperationspartner geleistet, wofür wir uns noch einmal sehr herzlich bei Eckehard Hof bedanken möchten.

Das CJD feiert zudem 25-jähriges Jubiläum in diesem Jahr. Wenn Sie eine Bilanz ziehen müssten: Was hat in diesen Jahren das CJD besonders ausgezeichnet, was würden Sie in der Rückschau anders machen?
Es ist immer schwierig eine Bilanz zu ziehen. Unsere Arbeit erfolgt nicht mit Maschinen, sondern wir arbeiten mit jungen und erwachsenen Menschen. Die Zielgruppen verändern sich ständig und daher auch unsere Arbeit. Aktuell haben auch wir das Angebot der Arbeit mit unbegleitet minderjährigen Flüchtlingen neu aufgenommen, wenn wir aber auf den Anfang des Jugenddorfes vor 25 Jahren zurückblicken, stellen wir fest, dass auch damals die Flüchtlingsarbeit ein großes Arbeitsfeld eingenommen hat. Es ist immer wieder spannend, wie sich die Arbeit verändert und entwickelt, Neues kommt hinzu, manche Angebote, von denen man glaubt, dass sie nicht mehr benötigt werden, kommen wieder und so vergehen 25 Jahre wie im Fluge. Fragt man uns nach dem Fazit der letzten 25 Jahre, so können wir auf jeden Fall sagen, vieles richtig gemacht zu haben und dass wir weiterhin das CJD vorantreiben werden.
Das Gespräch mit Anke Bremmer führte Ralf Hermann.

81 Mitarbeiter beschäftigt
Das CJD mit seiner Zentrale in Ebersbach bei Stuttgart beschäftigt insgesamt 9500 Mitarbeitende an über 150 Standorten in Deutschland.  

Im CJD Siegen-Wittgenstein sind aktuell 81 Mitarbeitende beschäftigt. Das CJD ist weiter auf der Suche nach neuen Mitarbeitenden für den Betreuungsdienst.

Jährlich werden rund 155 000 jungen und erwachsenen Menschen Orientierung und Zukunftschancen beim CJD geboten.  

Die Grundlage dieser Betreuung ist das christliche Menschenbild mit der Vision „Keiner darf verloren gehen“.


Quelle: WP – Wittgensteiner Zeitung vom 12.12.2015 Foto: Britta Prasse

Schwerpunkte in der Ausrichtung des CJD Siegen-Wittgenstein sind die Kinder- und Jugendhilfe sowie Maßnahmen im Auftrag der Agentur für Arbeit und des örtlichen Jobcenters.